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ortus organum
om270 / Band 12
Acht Fugen für Clavier um Johann Sebastian Bach
(Orgel manualiter, Cembalo, Clavichord)
Herausgegeben von Rüdiger Wilhelm
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om270
ISMN 979-0-502341-75-6
Broschur, XVIII + 29 Seiten
inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten 19,95 EUR

Johann Sebastian Bachs (1685–1750) Söhne, seine Schüler, Kollegen und Bewunderer legten noch zu Lebzeiten Bachs oder bald danach Sammlungen mit Inventionen, Präludien, Fugen, Orgeltrios und Choralbearbeitungen im Stil ihres Vorbilds an. Aus dem genannten Personenkreis sind verschiedene Sammlungen mit Fugen für Tasteninstrumente ohne Pedal auf uns gekommen. Ich nenne einige der bekanntesten Titel in Auswahl: Wilhelm Friedemann Bach (1710–1784): Acht Fugen (um 1778–1779) BR-WFB A 81–881, Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788), VI Fugen vor die Orgel, wie auch vor das Clavier Wq 119/2–7, Abschrift datiert 17562, Johann Philipp Kirnberger (1709–1783): Huit Fugues pour le clavecin ou l’orgue, Berlin 17773 und Johann Christoph Kellner (1736–1803), Six Fugues pour les orgues ou le clavecin, Berlin o. J. [um 1770]4. Derartige Sammlungen entsprachen dem Bedürfnis der Benutzer, sowohl Lehrbeispiele für eigene Versuche als auch Vorspielliteratur zu erwerben. Zum Kundenkreis dürften sowohl professionelle Musiker als auch Amateure gezählt haben.

Unsere Ausgabe legt im Grunde eine weitere Sammlung dieser Art vor. Hier geht es nicht nur darum, seltene und schöne Spielstücke auszugraben; vielmehr möchten wir einen Einblick in die sonst nicht so ausführlich dokumentierte Unterrichtspraxis, wie Bach und seine Zeitgenossen junge Nachwuchsorganisten heranzogen, anhand der ausgewählten Kompositionen geben. Heute bilden die Ausbildung zum Spielen eines Tasteninstruments und die Unterweisung im Tonsatz, bei der meist nur schriftlich gearbeitet wird, zwei verschiedene Fächer. Damals gingen beide Fächer Hand in Hand.5 Schließlich musste ein Organist zur Bachzeit Präludien und Fugen zum Beginn des Gottesdienstes oder vor dem Beginn der Musik zum Einstimmen der Instrumente, das Begleiten von Kirchen- und Kammermusik, das Vorspielen von Chorälen usw. ex tempore beherrschen, ggf. auch in einer Transposition. Das Aussetzen des einfachen Generalbasses, Übungen zum zweistimmigen Kontrapunkt, z. B. dem Improvisieren einer Gegenstimme zur Melodie eines Kirchenlieds, bis hin zu komplizierteren Formen wurden sowohl am häuslichen Übungsinstrument unterrichtet als auch hinterher schriftlich in ausgefeilterer Form fixiert. Auch die Improvisation einer Fuge gehörte zum Handwerkszeug, um sich um eine anspruchsvolle Organistenstelle zu bewerben zu können. Einige der hier vorgelegten Fugen sind nach Meinung des Herausgebers Übungsstücke zu diesem Zweck. Später dienten solche Kompositionen vielleicht eher nur noch als Spielmaterial für Orgel- und Clavierschüler, seien es angehende Berufsmusiker oder sei es der Adel, die damit ihre Spielfähigkeit demonstrieren wollten. Da diese Fugen dem häuslichen Studium dienten und daher ohne ein obligates Pedalspiel auskommen mussten, soll die vorgelegte Sammlung für die Wiedergabe auf Orgeln ohne Pedal sowie auf allen häuslichen besaiteten Tasteninstrumenten geeignet sein. Unser kleiner Sammelband ist für die Liebhaber, und besonders für die Kenner von dergleichen Arbeit, zur Gemüths Ergezung6 zur Ausbildung der Fingerfertigkeit und zum Studium, wie man eine Fuge improvisiert und komponiert, gedacht.

Aus dem Vorwort von Rüdiger Wilhelm


1 Eine um diese Zeit geplante Veröffentlichung im Druck kam nicht zu Stande. S. in: Wilhelm Friedemann Bach. Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke (BR-WFB), Stuttgart 2012 (Bach-Repertorium. 2.), hrsg. von Peter Wollny, Stuttgart 2012: Carus Verlag, S. 85.
2 Neuausgabe in: Carl Philipp Emanuel Bach: Organ Works, hrsg. von Anette Richards und David Yearsley, Los Altos, USA 2008, The Packard Humanities Institute, S. 47–69.
3 Neuausgabe: Johann Philipp Kirnberger: Acht Fugen für Cembalo oder Orgel, hrsg. von Hugo Ruf und Hans Bemmann, Mainz 1973: Edition Schott NR. 6501
4 Neuausgabe in: Claviermusik um Johanne Sebastian Bach, hrsg. von Rüdiger Wilhelm, Wiesbaden 1993: Edition Breitkopf Nr. 8454, S. 18–29.
5 Zur Ausbildung der Organisten bei J. S. Bach, J. G. Walther u. a. siehe Siegbert Rampe, »Klavier- oder Orgelwerke? Zur Sozialgeschichte der Tastenmusik 1685–1750«, Kapitel »Unterricht und Ausbildung«, in: Bachs Welt: sein Leben, sein Schaffen, seine Zeit, Festschrift für Henning Müller-Buscher zum 70. Geburtstag, hrsg. von Siegbert Rampe, Laaber 2015: Laaber, S. 44 ff.
6 Frei angepasst an den Untertitel von Bachs Drittem Theil der der Clavierübung, Leipzig 1739, hier zitiert nach einer Faksimileausgabe, hrsg. von Christoph Wolff, Leipzig/Dresden 1984: Edition Peters, Bestell-Nr. 9314c.
 
 
 

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